Kapitel 8: Das zauberhafte Mädchen in Norwegen!

Eine halbe Stunde???!!! Bis mein Flieger zu den Lofoten geht. Sage ihr auf Wiedersehen, sage ihr, dass wir uns wiedersehen müssen. You know that this will never happen.. So schade das auch ist, ich glaubte ihr. Da ich nach außen hin aber Optimist bist, sagte ich ihr beim Verlassen des Hotelzimmers: See you on Tuesday!

Erinnert ihr euch? (falls nicht, hier noch einmal zum Nachlesen)

Da war ich nur für 6 Stunden in Bodø, links oben noch auf dem Festland von Norwegen, nur ein kleiner Zwischenaufenthalt bis der nächste Flieger geht. Gehe in einen Pub und lerne dieses Mädchen kennen. Unweit älter als ich, mit langen schwarzen Haaren, rehbraunen funkelnden Augen und die Zähne so weiß wie ein verschneites Dörfchen inmitten der Antarktis. Und, nunja, letztendlich musste ich mich aus ihrem Hotelzimmer verabschieden, denn ich hatte ja noch einen Flug vor mir und vor allem, ein Abenteuer das auf mich wartete. Da den Norwegern WhatsApp mehr oder weniger fremd ist, tauschten wir uns auf Facebook aus. Irgendwie oldschool, aber es erfüllte seinen Zweck. „See you on Tuesday!

Und wisst ihr was? Es war Dienstag. Mein letzter richtiger Tag auf den Lofoten. Und so unglaublich es auch klingt, an diesem Tag werde ich das Mädchen wiedersehen. Warum unglaublich? Weil sie nicht auf den Lofoten lebt. Sondern über 300 Kilometer entfernt auf dem Festland.

Noch sitze ich da an der Bushaltestelle in Reine, zusammengekauert, gegen 5 Uhr morgens, kurz nachdem ich den Berg bestiegen habe, ins Meer „gesprungen“ bin und immernoch kein Auge zugedrückt habe. Warte auf meinen Bus. Der mich nach Svolvaer bringen sollte. In die Mitte der Lofoten. Warum? Vor ein paar Stunden, als ich noch im Bus saß, schaltete ich den Flugmodus von meinem Smartphone aus und bekomme eine Nachricht im Facebook Messenger. Von Ihr.

Und verdammt, ich bin in Svolvaer in ein paar Stunden!

Da fährt die junge Dame doch tatsächlich über 300 Kilometer inklusive Fährenüberquerung nochmal auf die Lofoten, um mich zu sehen? Ich konnte es gar nicht glauben. Wir kannten uns nicht einmal wirklich. Wie sehr kann man sich denn auch kennenlernen in 4 Stunden zwischen kurzem Pub-Aufenthalt und Propellerflugzeug-Abreise ein paar Tage zuvor.. und das waren ihr gefühlte 4271 Euro Spritkosten wert? Ich muss grinsen. Und sage ihr zu. Werde in Svolvaer sein und sie wird mich dort einsammeln. Ähm, und dann?

Der Bus kam und ich konnte endlich ein wenig schlafen, auch wenn die ruckelnde Fensterscheibe es nicht zuließ, dass ich mich an sie kuschelte. Wie egoistisch.

Drei Stunden später war ich in Svolvaer angekommen. Die größte Stadt auf den Lofoten mit unglaublichen 4000 Einwohnern! Berlin kann einpacken. Noch hatte ich 6 Stunden Zeit, bis das Mädchen ebenfalls ankommen würde. Zunächst musste ich ein Hotel für uns beide finden. Also denke ich. Sie wird ja wohl nicht abends wieder zurückfahren. Also, vermutlich nicht. Nein. Okay… Hotels.. Das erste Hotel war bis auf das letzte Zimmer besetzt. Das zweite auch. Und das dritte? Auch. Oh das ist nicht gut.. ähm.. puh.. was mache ich denn jetzt? Zur Not habe ich ja das Luxus- ähm, also das Ein-Personen-Zelt.. verdammt.. Just in diesem Augenblick, als schon alles verloren schien, als ich den strahlenden Ehering ins Meer werfen wollte und meine Pläne von einer Auswanderung, von einer trauten Zweisamkeit mit Haus am See und vier kleinen Kindern, zwei Mädchen und zwei Jungen, und dem adoptierten Welpen Brad von der Huskyfarm verwerfen wollte…

Life is great. Also, wie cool ist das denn? Ich feiere sie in diesem Moment für diese Aktion.

Oder sollte mir das Angst machen? Ich hoffe doch nicht, dass sie einem internationalen Abenteurer-Dealerring angehört und mich fortan für die nächsten 20 Jahren zwingen wird in einem einsamen Kellerkomplex vor einer 24/7 laufenden Webcam journalistisch-geprägte Weltreisen zu erfinden, die dann auf semiseriösen Webseiten andere Abenteurer in die Falle locken sollen…

Ich schaltete wieder auf meinen allgegenwärtigen Optimismus um und freute mich nun noch mehr, das ein klein wenig mysteriöse Mädchen wiederzutreffen. Schaue noch einmal auf ihr Profilbild bei Facebook. Gott ist die schön…

Nachdem das geklärt war, setzte ich mich in eine Bäckerei, kaufte mir nebst dem Kaffee drei norwegische Spezialitäten (u.a. Waffeln mit Karamell, omg) und schnappte mir das WLAN-Passwort.


Nach 53 Versuchen, hilflosen Blicken und einer aufgrund sprachlicher Barrieren unkommunikativer Bäckerin war ich dann endlich drin. Also im WLAN. 483 WhatsApp Nachrichten. Hui. Und zack war ich wieder aus dem WLAN. Ob ich irgendwas wichtiges verpasst habe? Vielleicht hat mein bester Freund im Lotto gewonnen und möchte mir einen Ferrari schenken, wenn ich ihm innerhalb von 24 Stunden antworte? Oder was wenn L. mit P. wieder zusammen ist??? Meine Finger zittern, doch ich bleibe eisern und konzentriere mich auf die gemütliche Atmosphäre mit Kaffee und Gebäck.

Daaann war es so weit. 15 Uhr. Ich steh da und sie kommt vorgefahren. In einem alten Audi. Sammelt mich ein, wir begrüßen uns mit einer Umarmung, und fahren zu dem „rented place“. Schon bei dem ersten Blickkontakt, den ich ihr im Auto in einem Moment der Unachtsamkeit zuwarf, mussten wir grinsen. Das war kein falsches Grinsen, das war echt, und implizierte: Wir verstehen uns prächtig. Lachen die ganze Fahrt über. Mache schlechte Witze. Sie kontert mit guten Witzen. Sie lacht. Ich lache. Sie singt norwegische Lieder mit. So als würde sie seit etlichen Jahren nichts anderes machen. Ich bringe ihr Atemlos von Helena Fischer bei. So als würde ich den Song wirklich mögen. Sorry, but that sounds like a shitty song, Jim. Wir verstehen uns 🙂

Es wurde noch besser. Der „rented place“ war ein kleines Häuschen direkt am Wasser, umgeben von Bergen. Da passte locker eine ganze Familie rein. Und diese Lage. Wäre ich nicht an Deutschland für die Studienzeit gebunden, würde ich mich hier glatt für die nächsten achtzehn Jahre einnisten. Mit ihr natürlich. Einfach unglaublich. Muss man sich mal vorstellen: Little Jim in dieser anschaulichen Hütte mit Miss Universe der Jahre 2004-2037. Woher sie das Geld nahm? Immerhin wollte sie nicht, dass ich für die Unterkunft was beisteuere… 

Dafür durfte ich allerdings das Essen bezahlen. In einem Fischrestaurant. Das vermutlich teuerste auf der ganzen Insel. Ich fragte mich schon, warum sie sich so aufgebrezelt hatte, nachdem sie aus der Dusche kam. Die Rechnung war die Antwort darauf. Wobei ein Chardonnay den Großteil der Rechnung ausmachte. Ich habe vorher noch nie einen Wein gekauft. Ich hasse Wein. Leicht gezwungen zolle ich dem unfassbar tollen, von ihr ausgesuchten Wein meine Anerkennung. Aber hey, das Essen war der Hammer, sie sah unglaublich gut aus und aufgrund ihres üppigen Ausschnittes bis zum Boden grinste ich die übrigen männlichen Restaurantbesucher schelmisch an 😀

Nach dem Essen kauften wir noch mehr Wein (yay), Melonen, Erdbeeren und Kirschen und kuschelten uns in unserem kleinen Häuschen ein, mit Blick aufs Meer. Hört sich total romantisch an, wa? Wars auch, auch wenn ich mich ein bisschen wie ein verirrter Junge an einem Mädelsabend fühlte. Halb so wild. Ich machte ein auf fürsorglicher Ehemann und letztendlich, das muss man halt so sagen, war der Abend perfekt und hatte wirklich alles übertroffen, was ich mir vorgestellt habe.

Mein Wecker reißt uns aus dem Schlaf. Mein Flieger kommt in zwei Stunden. Und eine Stunde benötigt der Bus. Zeit zum aufsteh-.. schlummern.

Ich springe auf. Okay. Noch ist Zeit. Wir verabschieden uns an der Bushaltestelle, zu welcher sie mich mit 149 km/h hinbrachte, sagen dass wir uns wiedersehen müssen, sie gab ihr obligatorisches „You know this will not happen“ von sich, worauf ich mein obligatorisches „We will, very soon“ erwiderte. Und dann sahen wir uns tatsächlich wieder! 15 Minuten später. Weil der Bus zum Flughafen einfach an mir vorbeigefahren ist. Und sie mich nun fahren musste. So einfach kanns gehen 🙂

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Es war echt schade zu wissen, jetzt gleich, wenn wir an dem Flughafen ankommen werden, bin ich wieder unwirklich weit von diesem Mädchen entfernt. Irgendwie war das alles was besonderes und ich hatte das Gefühl, da war von der ersten Sekunde an eine Verbindung zwischen uns, die man nur sehr selten fühlt. Und wann sagt man das schon mal? Vor allem als Typ? Kaum zu glauben, ich werd ja fast sentimental. Bei Mädchen echt ’ne Rarität. Okay, reicht jetzt auch. Tolles Mädchen, tolles Erlebnis, tolle Erinnerung. That’s it.

UUUUND da saß ich nun. Warte auf den Flug zurück, weg von den Lofoten. Mein Abenteuer war zu Ende. Das war’s. Ich setze meine Kopfhörer auf und verliere mich in die Tiefen meiner Gedanken…

Liebe Grüße,

Jim Kopf

23 Kommentare

  1. Erinnert mich ja stellenweise fast an meine „Lovestory“ (wie meine besten Freundinnen das ganze mit meinem Freund bezeichnen) 😀 Wirklich schön, aber vielleicht ist es ja kein „that’s it“ sondern ein „to be continued“ ? 😉 Ganz ehrlich: Die Hoffnung stirbt zu letzt und man weiß nie was da für ein Plan für uns bereit liegt. *Esoterik1x1 wieder einpack* Ehrlich: Selbst wenn es nur bei dem einen Date bleibt am Ende, es liest sich wie ein wirklich tolles Date. Man fühlt die Romantik ein bisschen beim lesen. *schmilz* 🙂

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    1. Dann scheint es, als hätte deine Lovestory ein schönes Ende gefunden 🙂
      Wer weiß, & du hast schon Recht, wer weiß was die Zukunft bringt.. 🙂
      Danke für deine lieben Worte, freut mich dass es dir gefallen hat :))

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      1. Das hat sie. Wobei Ende, mitten drin. Ich hoffe das Ende zeichnet sich so bald nicht ab 😛 🙂 Aber recht hast du: Genießen und sehen was die Zukunft bringt das ist wichtig. Gerade heute.
        Sehr gern 🙂

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  2. Ach Gott wie schööön hahaha also besser hätte es net laufen können… klingt wie eine schöne Liebesgeschichte….hach schäää….hahahaa Jim….es macht so Spaß dein erlebtes zu lesen….der Rest ist dann reine Fantasie 😁😁😁😁

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      1. Wer sagt, dass das ohne Happy End sein wird? =) Fate loves the fearless, und dass du mutig bist, dass hast du wohl zweifelsfrei bewiesen! Und mit Til Schweiger hat das mal gar nichts zu tun (bitte, ich mag die Filme nicht) – mach lieber dein eigenes Ding. ^^

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      2. Fate loves the fearless, gefällt mir der Spruch 🙂 Ich werde definitiv mein eigenes Ding machen und die Filme mag ich auch nicht wirklich, da stimmen wir überein :)) Sagen wir, vorerst hat es kein Happy End und hey, wenn das Ende nicht schön ist, dann kann es auch nicht das Ende sein…

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  3. Hey Jim! Mir fallen da gleich ne ganze Menge Punkte ein:
    1. Danke für 8 Kapitel voller Unterhaltung und Freude!
    2. Du wirst das Mädel nochmal sehn und ich wünsche Euch ein echtes Happy End!
    3. Lass uns bloß nicht allzu lang auf neue Beiträge warten
    4. Wenn Du das nächste Mal so nen Trip planst, sag Bescheid ;-))
    5. Ich an Deiner Stelle würde das Facebook Profil des Mädels geheim halten ;-)))
    Im Ernst, das war großes Kino, tolle Bilder und wunderbare Geschichten!!!

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    1. Hey Markus, ich habe dir zu danken für die vielen Kommentare, für deine fantastischen Worte, die mir mehr als gut getan haben während und auch nach dem Abenteuer! Ich werde natürlich weiter schreiben, nur halt vorerst wieder vom Leben in der Heimat. Sollte der nächste Trip anstehen, bist du auf jeden Fall der erste, der es erfahren wird 🙂
      Das Facebook Profil von ihr bleibt natürlich geheim, bis auf einen kleinen Ausschnitt ihres Profilfotos ist ja alles weitere unbekannt, und wer weiß, vll sehe ich sie ja echt eines Tages wieder 🙂
      Noch einmal tausend Dank, bleib du genauso am Ball wie ich es auch machen werde, ich liebe deine Bilder und auf zu neuen großen Abenteuern (die ja nicht unbedingt weit entfernt geschehen müssen). Liebe Grüße, Jim

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    1. Ein wunderbares Erlebnis durch und durch! 🙂 Muss gestehen, die Linklater-Trilogie habe ich mir bisher noch nicht angeschaut, werde ich aber noch diese Woche nachholen, die Kritiken lesen sich sehr gut und Parallelen werde ich zumindest bei „Before Sunrise“ bestimmt entdecken können 🙂

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      1. 🙂 ganz bestimmt. klar ist es sowas wie ein klassischer hollywoodkitschfilm, aber er hat auch gleichzeitig sowas schönes, sowas irgendwie berührendes und bodenständiges, dass es sich dennoch lohnt, ihn anzusehen!

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