Nur in Österreich

Wenn man mir vor einem halben Jahr gesagt hätte, dass ich zwei Wochen lang über Silvester in Österreich verbringen würde, dann hätte ich ihn für verrückt erklärt. Österreich. Da war ich doch schon. Berge, wandern, Wälder. Das ist die Vorstellung des Kindheits-Ich’s, das sich vor zehn Jahren noch mit seiner Familie auf die Dreitausender quälte, völlig frei von jenem Bewusstsein für die Natur, mit dem ich heute und spätestens seit meiner Norwegen-Reise durch die Welt spaziere. Das einzig coole waren riesige Seen, in denen ich nicht mit dem Salzgehalt eines Meeres kämpfen musste und einfach meinen Spaß haben konnte.

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Wenn ich also in den letzten anderthalb Jahren von den Bergen und unberührter, von Menschen nur spärlich besiedelter Natur redete und träumte, dann war die Rede von den Lofoten, von Patagonien, von den Anden und Neuseeland, ja sogar Tibet bestieg meine wahrhaftesten Träume und Vorstellungen einer Reise, die mich in die Berge führen sollte. Dass mich die Umstände zu etwas Bodenständigerem führten, etwas Greifbarerem als die unbekannte weite Welt, konnte mir nur gut tun, um dem Alltag nicht zu sehr zu entfliehen – dadurch konnte ich die andere Seite, die entspanntere Seite des Lebens sehen, nicht aber die unwirkliche Form des Wegseins, nicht zu weit weg vom Alltag, nicht zu weit weg von dem Leben mit seinen Konstanten, wodurch die Sicht auf den weiteren Lebensweg, der noch gut anderthalb Jahre mit dem Studieren und Arbeiten gefüllt sein wird, mit zielgerichteter Klarheit angegangen werden konnte. Denn zwei Wochen in Österreich, das sind unendlich viele Stunden der Entschleunigung, der Erholung des von Verpflichtungen und zwischenmenschlichen Spannungen erdrückten Jim’s, der doch nur schreiben will, schreiben, erleben, genießen.

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So viel Zeit mir in diesen zwei Wochen blieb, mich der Liebe hinzugeben, zu Ihr, zum Schreiben und zum Einatmen des Ausblicks auf das sonnendurchflutete Tal, so rasend schnell verging die Zeit in der fast schon einsam anmutenden Holzhütte. Wir kochten, wir warfen Holz in den Ofen, wir spielten, wir fotografierten die Sterne, wir liebten die Momente, die von nichts als der Zweisamkeit erfüllt waren.

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Ich schrieb, ich las, ich sah die Flügel der Sonne über den Bergen auf- und untergehen. Ich arbeitete an etwas Großem, und betrachtete den Boden unter mir – und verglich ihn mit dem Boden des Ruhrgebiets. Hier ist das Glück, hier sind wir das Glück, und dort bist du das Glück und ich nur der Pendler auf dem grauen Bahnhofsboden. So wahnsinnig erfüllt ich auf der Holzbank vor der Holzhütte von dem Anblick und der Stimmung beim Schreiben war, die es mir ermöglichte, Wahrheiten aus den Formen der Natur in Wörter und Sätze auszudrücken, so sehr macht eine Rückkehr deutlich, wie viel von diesem Gefühl doch im Alltag fehlt. Und dabei war es nur Österreich, es war nur Österreich.

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22 Kommentare

  1. Manchmal wartet das „Glück“ viel näher, als man denkt. Es war nicht „nur“ Österreich, aber das hast du ja sowieso gespürt. Vielleicht ist es sogar ein positives Zeichen, dass für diese Wirkung keine Flucht an einen weit entfernten Ort notwendig war, sondern dass sie sich bereits an der Grenze zum Alltag bemerkbar gemacht hat. Als schliche sich das, was du suchst, langsam in dein Leben hinein? 🙂

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    1. Hi Chris, ich war verdammt angetan von deinem Satz „Als schliche sich das, was du suchst, langsam in dein Leben hinein“. Einfach weil es stimmen könnte, und diese Vorstellung macht mich glücklich 🙂 Also danke für deinen wie immer sehr tollen Kommentar!

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  2. Eieiei, da erinnert mich direkt und ohne Umwege an meine eigene Zeit in Österreich… Unglaublich, dass Du das jetzt recht ähnlich erlebt hast!! Die Fotos sind ein einziger Traum und vermitteln wunderbare Gefühle und ganz viel Erlebtes. Ein Beitrag der für mich persönlich mit zu den eindringlichsten gehört. Ich freue mich extrem für Dich und Euch!! Möge es euch noch ganz ganz lange gut ergehen… Österreich war und wird für mich immer ein ganz besonderer Ort auf der Welt bleiben. Mit vielen Erinnerungen aber auch der Wunsch dieses Land immer wieder zu bereisen. In einer anderen Dimension und aus anderen Gründen. Danke für DAS!

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    1. Ich hatte gehofft, dich auch mit diesem Beitrag wieder erreichen zu können; die Vorgeschichte ist mir ja (in Teilen) bekannt, daher ist es schön, wenn du mit meinem Erlebnis und meinen Gedanken dazu etwas eigenes verbindest.
      Und danke für das Kompliment an die Fotos, darüber freue ich mich von dir ganz besonders!
      Ich habe dir zu danken, Markus 🙂

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      1. Das ist Dir ziemlich gelungen… Die spannenden Geschichten des Lebens enden ja bekanntlich nie, wir beide beweisen das ja hin und wieder 😉 und direkt fallen mir wieder 3 Schlagwörter ein: Irland, dunkel, Bier 😉

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      2. So siehts nämlich aus! & man verdammt, dass wir das immer noch nicht in Angriff genommen haben. Ende März würde vll. bei mir klappen!

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      3. Ich könnte brechen wenn ich auf meinen Kalender schau, ehrlich!! Dieses Jahr ist besonders übel… Ich glaub ich bekomms erst Anfang Mai gebacken, aber da können wir gern auch schon nen Termin fixieren… Sorry!!

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      4. verdammt… über die Gründe, dass es so ist, quatschen wir dann 😉
        Im Mai habe ich was Großes geplant, erzähle ich bald noch auf meinem Blog von, aber im Juni könnte ich quasi dann an jedem Wochenende!

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  3. lieber jim, das kenne cih gut. es ist die weite welt, die uns so reizt und bei dem gedanken daran wir das gefühl haben, das wahrhaftige leben zu spüren und uns selbst und alles andere. aber um das zu finden, müssen es nicht immer tausende kilometer sein. die schönen dinge, die gibt es auch viel näher. und auch darin besteht ein teil des großen glücks.

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    1. Genau das ist es, dieses unglaubliche Gefühl vom sehr kleinen Menschen in einer sehr großen Welt; aber das Glück an sich, wie du so schön sagst, das kann sich doch wie man hier erleben darf viel näher finden, als man es sich erdacht hatte…
      Danke Paleica!

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  4. ich konnte meine Schwester anfangs nicht verstehen…sie liebte Österreich und hat dort häufig Urlaub gemacht..irgendwann waren wir dann dabei und es war um mich geschehen….ich hab die letzten Tage auch wieder an Urlaub in Österreich gedacht…dorthin kann ich echt immer gehen! Wir waren schon an unterschiedlichen Orten und egal wo wir waren, es war immer schön! Deine Bilder sind wie immer Urlaub für mich und deine Worte auch! Schön eure Zweisamkeit!
    Alles Gute euch beiden 😉

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  5. Puuhh, ich war ewig nicht hier unterwegs. Tolle Bilder, toller Post :). Ich war, glaube ich, einmal in Österreich zum Skifahren, aber man erlebt alles ganz anders wenn man älter ist. Klar, dieses gute Gefühl fehlt leider oft im Alltag, aber deswegen ist es so wichtig immer mal wieder raus zu kommen und die Seele baumeln zu lassen.

    Lieben Gruß 🙂

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    1. Hab dich hier schon vermisst 🙂
      Und deinen Worten kann ich nur zustimmen, so ist es… wenn man nur die Chance hätte, wann immer man es möchte raus zu kommen…
      Lieben Gruß zurück!

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      1. Aww dankeschön, ich hab gar nicht damit gerechnet, dass mich jemand vermisst, weil ich ja noch nicht so lange hier bin :). Ich will aber versuchen wieder aktiver zu sein.

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