Das Ende eines Films

Was passiert mit mir beim Ende eines Films? Ich spreche von dieser einzigen Minute, nachdem der Bildschirm schwarz geworden ist und sich die Töne des Abspanns in mein Gehör bohren. Ich fühle mich so wahnsinnig inspiriert. Eine Träne am linken Augenwinkel ist der Beweis dafür, wie es in mir aussieht. Emotional aufgewühlt. So wahnsinnig inspiriert. Natürlich nicht bei jedem Film, bei fast gar keinem Film ehrlich gesagt. Hin und wieder aber geschieht es, und dann will ich wissen, was in dieser Minute mit mir passiert. Der Bildschirm wird schwarz, und das Schwarzwerden schlägt mir in den Magen, beinahe heftig, beinahe wie etwas Schlechtes. Von etwas Göttlichem zu reden erscheint mir unmöglich, dafür betrachte ich den inspirierenden Moment in einem zu realistischen Licht; Inspirationen stellen Spiegel auf und zeigen, wer man nicht ist und was man nicht tut. Im gleichen Atemzug zeichnen sie aus den Gefühlen einen Weg zur Verwirklichung von etwas, das gut sein kann, gut für sich selber oder einen nahestehenden oder fremden Menschen. Das wirklich Beschissene daran aber ist, dass sie einen Weg zeigen, den man niemals gehen wird. Ist es nicht so? Was ist das Erste, was wir nach dem Film tun? Wir nehmen das Handy in die Hand und berichten von dem Film. Wir essen die letzten Chips. Wir gehen schlafen. Schlichtweg reißen wir uns selbst aus dem Ort der Inspiration. Aus der Schönheit des Augenblicks wird ein Abgrund.

Vielleicht setze ich das Geschehene zu sehr in Perspektive. Aber darum geht es doch, verdammt! Was bringt mir die vollkommenste Inspiration am Ende eines Films, wenn ich mich zurücklehne und es dabei belasse? Es war ein Film, und er war gut. Ein verdammt guter Film. Ich wurde gut unterhalten, ich wurde von Ort und Zeit losgelöst, es gab nur mich und den Film. Ganze anderthalb Stunden lang. Bis alles wieder seinen gewohnten Gang geht. Jegliche Linien aller Zeichnungen der Wege, die im Kopf kurz nach Ende des Films entstehen, werden sogleich wieder durch Ablenkung vernichtet.

Ich will mich nicht ablenken. Deshalb schreibe ich gerade diesen Text. Nicht, um die Inspiration weiterzuleiten, denn das ist unmöglich, dafür hat es einen zu einzigartigen Charakter und ist zu sehr davon bestimmt, wie man selbst auf jeden Augenblick des Films reagiert, wie man ihn im Kopf nachspielt, mit welchen Erfahrungen und Erlebnissen man ihn verbindet. Vielmehr um herauszufinden, wieso ich den Moment nach Ende des Films nicht einfach so abhaken möchte. Zum einen, weil das viel zu häufig geschieht. Eigentlich, immer!

Zum anderen, um an eine Kraft zu glauben, die mir diese eine blöde Träne oder waren es ein paar mehr geschenkt hat. Die mir die Gänsehaut geschenkt hat. Da steckt so viel Energie drin, so viel Mögliches, so viel Unendlichkeit. Und diese Unendlichkeit will ich nutzen. Ich will mich mit ihr auf eine Reise begeben, mich von ihr leiten lassen, Dinge tatsächlich tun und jemand sein, der die Schönheit der Unendlichkeit in der Schwärze des Bildschirms erkennt und durch sie bloß mehr als Notizen herunterschreibt, sondern angreift, ab morgen, ganz bestimmt ab morgen, greife ich darauf zurück, zerschlage alle Spiegel und werde das tun, was mir die Unendlichkeit, die Masse an Gefühlen und Zeichnungen in meinem Kopf in der einen einzigen Minute nach Ende des Films, gegeben hat.

6 Kommentare

  1. Ich nenne das meine Nach-End-Film-Stimmungen. Die brachte mich zum Beispiel nach Lola rennt dazu wie blöde durch Hamburg zu rennen. Und dieser Moment, das wilde und freue darin, blieb hängen, bis jetzt 16 Jahre oder so später. Zu vielen Filmen, die mich beeindruckten habe ich dieses Stimmungen,die wiederum ihren Abdruck in mir hinterlassen, der bleibt und mich ein wenig verändert und bereichert! Aber ja, dieser eine Moment, der ist !

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    1. Ich finds total schön zu hören, dass dich diese Nach-End-Film-Stimmungen, wie du so schön sagst, zu tatsächlichen Handlungen bewegt haben… darum geht es nämlich, und ich wünschte, man würde jede Inspiration nach einem Film umsetzen, wie auch immer! 🙂

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  2. oh man, ich kenn dieses gefühl, das ist ähnlich wie das nach Hause kommen nach einer Reise… Man will keinen Haken dran machen, zu viel Gutes ist passiert und man ist nicht bereit für dies Ungeheuer namens Alltag… oh ja, ich kenne das Gefühl… Genial be- und geschrieben, wie immer…

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