Mein Debütroman, und der Drang, zu schreiben

Jahrelang schrieb ich davon, wie es wohl wäre, ein Buch zu schreiben, und dann schrieb ich jahrelang davon, wie es ist, ein Buch zu schreiben, und dann schrieb ich jahrelang davon, wie es wohl wäre, das Buch zu veröffentlichen. Und dann schrieb ich nichts mehr, als ich es veröffentlichte.

Seit einem Jahr ist mein Debütroman erhältlich (Amazon). Natürlich verkauft es sich schlecht, wie das so ist im Self-Publishing, nachdem mir fünfundzwanzig Literaturagenturen abgesagt haben, und wie das so ist, wenn man selbst dafür verantwortlich ist, das Marketing zu betreiben.

Ich hatte mich auf das Marketing gefreut, immerhin kam ich aus einer Werbeagentur, ich sollte wissen, wie es funktioniert. Aber Marketing braucht Zeit, und im Self-Publishing spiegeln Verkaufszahlen lediglich die Arbeit wider, die man ins Bewerben seines Buches steckt. Und abgesehen von ein paar Instagram-Posts tat ich nichts. Ich ging nicht einmal zu Buchmessen.

Warum tat ich so wenig? Ich glaube, weil mir dieser unbedingte Wille fehlte, diese unendliche Sehnsucht, die mich jahrelang trieb, über das Buchschreiben und über die Idee zu kontemplieren, Autor zu werden und als Autor meiner Leidenschaft nachzugehen, und ich glaube, dass es daran liegt, dass ich mich in einem guten Job wiederfand, und nicht in einem, in dem ich kaum atmen konnte. Und ich arbeitete an mir, ich verarbeitete meine Trauma und hatte plötzlich diesen Drang, zu leben, dieses vor Schönheit strotzende Leben auszufüllen.

Ich machte eine Veränderung durch: anstatt über das Leben nachzudenken, wollte ich es – leben.

Das Schreiben brauche ich weiterhin. Es steckt in mir, und es werden viele, viele Bücher folgen, ich möchte jedes Jahr eins veröffentlichen, bis ich 100 Jahre alt bin. Das wird nicht geschehen, aber es reflektiert das, womit ich mich identifiziere: Vorgänge verstehen zu wollen, gedankliche und reale. Und daraus etwas zu schaffen, womit sich auch Leser*innen identifizieren können.

Einen Raum schaffen, der Heimat gibt, und Hoffnung, und Verständnis, und zum Nachdenken anregt.

Das ist es, warum ich schreibe. Schreiben muss.

Ein Job mit mindestens vierzig Stunden Bildschirmzeit macht es nicht leicht, dem zu folgen. Daher gilt es, eine Balance zu schaffen, zwischen Wochenenden beim Leben, und Wochenenden beim Nachdenken über das Leben. Es werden Phasen kommen, die mich zum Schreiben drängen, so sehr, dass ich nicht anders kann, als meine freie Zeit damit zu verbringen, noch mehr Zeit am Laptop zu verbringen, um zu schreiben, und es werden Phasen kommen, in denen ich mich so sehr ins Leben werfe, dass das Schreiben nur eine entfernte Erinnerung ist.

Und das ist okay.

Mein zweiter Roman ist nun fertig. Ich überlege, ihn einfach wieder rauszuhauen: es würde so schnell gehen, und das Buch würde ein paar Fehler und Makel haben, aber es wäre draußen, und zehn Instagram-Posts später würde ich wieder nach vorne schauen und die Arbeit am dritten Buch beginnen. Oder aber ich setze mich noch einmal stundenlang hin, setze alles daran, dass mich eine Literaturagentur unter Vertrag nimmt, schreibe ihnen allen noch einmal, denn es ist nicht so, dass ich dieses Buch nicht schon an alle versendet habe. Aber durch eine erneute Überarbeitung ist es noch besser geworden. Und oh, mich drängt gerade etwas, jetzt gerade, wo ich in einem gemütlichen Hostel, draußen Regen und Wind, drinnen Folkmusik und Vintage-Möbel, in Norwegen oberhalb des arktischen Kreises sitze: ich will sie anrufen, die Literaturagenturen und Verlage und ihnen ins Gesicht sagen: gebt mir eine Chance, gebt dem Buch eine Chance.

Jeder unerfahrene Buchautor überschätzt die Qualität seines Buches, das ist normal, und es ist notwendig. Wenn ich nicht zuallererst an mein Buch glaube, tut es keiner. Und so werde ich an jedes einzelne Buch glauben, so lange, bis auch einer da draußen an mein Buch glaubt, und mir dabei hilft, dass es die Menschen da draußen erreicht: und dass ich dann weiß, hier ist etwas Wertvolles entstanden.

Etwas Wertvolles für das Leben, das da so schön ist.

So schön und wertvoll.

Jim aka. Jan


Kommentare

4 Antworten zu „Mein Debütroman, und der Drang, zu schreiben”.

  1. Tu es.
    🙂

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    1. Danke Nephi! 🙂 I’ll go for it

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  2. Avatar von eileenfugmann@t-online.de
    eileenfugmann@t-online.de

    Hej, ich glaube, ich hab mich in den Autor verliebt… LG Eileen F.

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    1. der Autor ist darüber sehr glücklich 🙂

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