Lies hier die ganze (Vor-)Geschichte von meinem Abenteuer auf den Lofoten.
Nach dem semi-fantastischen Erlebnis auf dem Meer lief ich einfach los. Einfach einer unendlich langen, ruhigen und kaum befahrenen Straße entlang der unzähligen fotogenen Berge, dem rauen Ozean und weißen Sandstränden. Ja ernsthaft, hier gibts weiße Sandstrände. 20 Kilometer Fußmarsch Richtung Süden, wo ich auf irgendeinem Hügel mein Zelt aufschlagen wollte. Ich lief… und lief… und machte Pausen… und lief… und irgendwie kamen mir die vermeintlichen 20 Kilometer wie der Iron Man auf Hawaii vor. Nicht dass ich daran mal teilgenommen habe. Aber eine 6-stündige Dokumentation suggerierte mir eine gewisse Anstrengung, die von den Leistungssportlern abverlangt wird. Mit meinem Trekking-Rucksack auf dem Rücken und meinem Schulranzen auf der Brust sah ich aus wie ein überladener Kokusnusshändler in der Dominikanischen Republik. Nur gab’s keine Palmen hier. Schade eigentlich. Vielleicht werde ich bei meinem nächsten Aufenthalt in Norwegen einfach mal eine Palme pflanzen, der Anblick wäre bestimmt nicht schlecht…

Nach guten 3 Stunden, 18 Pausen und gefühlten 382 geschossenen Fotos war ich… müde. Die seekrankheitsbedingte Übelkeit war zwar inzwischen ausgeschwitzt, aber man merkte mir an, dass Backpacking-Touren nicht zu meiner alltäglichen Beschäftigung gehören. Zwar hatte ich den Plan, mein Zelt auf einem schönen Berg aufzuschlagen, stattdessen aber entschied ich mich einfach auf einem kleinen Strandabschnitt zu campieren.

Weißer Sand, kleine Felsen, umgeben von Wasser und Bergen. Gibt schlechtere Orte zum Übernachten. Wobei – das war kein Übernachten. Das war genau die Art von Auszeit, von glücklich konnotierter Einsamkeit und Naturverschmelzung, die ich mir für eine Nacht im Zelt vorgestellt hatte.
Jetzt lagen zwei Herausforderungen vor mir: Das Zelt aufbauen. Und ein Lagerfeuer machen. Ersteres habe ich probeweise in meinem Garten daheim schon einmal geübt und wäre dabei fast vor Verzweiflung aufgrund meiner technischen Inaffinität-Inaffinität (die Steigerung von Inaffinität, wobei Inaffinität viel zu harmlos ausgedrückt ist bei meiner handwerklichen, mechanischen und technischen Katastrophenleistung bei handwerklichen, mechanischen und technischen Herausforderungen, die vermutlich selbst für mittelprächtig intelligente Grundschüler eher ein Diktat auf „Hans geht schwimmen“-Niveau sein würden) in Tränen ausgebrochen. Um es kurz zu fassen: Der Probelauf ging mit einer Aufbauzeit von einer Stunde bei einem Ein-Personen-Zelt mit (Zitat) „schneller und unkomplizierter“ Zusammensetzung ordentlich daneben. Hier und jetzt aber, voll im Abenteuer und Survival – Modus, lief es wie geschnitten. Innerhalb von 20 Minuten stand das Dingen und mir entkamen laute Ausrufe der puren Begeisterung wie „Booom“, „Bäääm“ und „Ohjaaa“ sowie „Wer ist der Boss?“, „Ich bin der King“ und „Jim fucking Kopf hat es einfach drauf“ gefolgt von einer peinlichen Berührung, dass mich ein aufgebautes Anfänger-Zelt so in Ekstase versetzt.

Ich lass‘ mich in den Sand fallen, schaue in den Himmel und zünde mir die berechtigte Erfolgszigarette an. Es war recht kalt, 5-6 Grad, recht windig und bewölkt. Aber hell. Obwohl die Uhrzeit mittlerweile schon gegen Mitternacht tendierte. Mitternachtssonne olé. Die Mitternachtssonne vermied jedoch auch das absolute Lagerfeuer-Feeling, das ich als nächstes in Angriff nehmen wollte. Macht nichts, ich versuchte mich trotzdem daran. Einziges Problem: Es hat nahezu dauerhaft die letzten Tage geregnet. Am Straßenrand aber fand ich eine kleine Unterhöhlung mit einigermaßen trockenem Holz, dass, ähm, den Weg stützen soll(?!). Ich entfernte es behutsam wie Jean-Claude Van Damme und zerbrach es in Einzelteile, legte danebenliegende und vom Wasser angespülte Steine zu einem kleinen Kreis zusammen und baute mir das Grundkonstrukt eines Lagerfeuers. Ich war zufried.. moment, ich muss das ja noch anzünden… Zwei Feuerzeuge und eine Deoflasche standen mir zur Verfügung. Das sollte doch verdammt nochmal machbar sein… geh schon an… warum brennst du denn nicht… RAUCH… Es brennt!!… doch nicht… es.. geht.. nicht.. an! Der unausgebildete Pyrotechniker in mir versagte auf ganzer Linie. Die Deoflasche war mittlerweile leer und prustete vor Erschöpfung nur noch kalte Luft heraus, das zweite Feuerzeug betrieb Leistungsverweigerung. Ich stelle fest: Das wird nix mehr.

Es ist 01:30 Uhr. Zeit schlafen zu gehen. Ich werfe mich ins Zelt, muckele mich in voll angezogener Montur in meinen Schlafsack (geeignet für Temperaturen von 5 bis 10 Grad), dunkelte meine Äuglein mit einer Schlafbinde ab und merkte, der Wind und das Meer erzeugten zwar eine wunderbar melancholische und auditive Symphonie der Extraklasse, aber machten das Einschlafen unmöglich. Also Kopfhörer auf, Yann Tiersen’s Comptine d’un autre été auf Endlosschleife und zack, da war ich eingeschlafen, inmitten der Natur, weit weg jeglicher Zivilisation.

Es wurde Zeit. Bis auf die Ankunft in Leknes war ich tatsächlich gesehen noch gar nicht auf den Lofoten, sondern auf der Inselgruppe da drüber. Nachdem ich absolut fantastisch aber leicht durchgefroren aufgewacht bin, am Meer, umgeben von Bergen, mit dem Zelt auf einem Fleckchen weißen Sandstrand, machte ich mich auf – ein letzter Blick auf mein Lager“feuer“ – zur 15 Kilometer entfernten nächsten Haltestelle. 400 Kilometer lagen vor mir. Von ganz oben. Nach ganz unten. Von grandios zu fantastisch? Reine ruft. Der Ort, der mich diese Reise antreten ließ. 300 Einwohner and one of the most scenic views in the world! 4 mal umsteigen. Über 60€ Busticketkosten. Mit Schiffsüberquerung. 8 Stunden totale Fahrzeit. Das ist es mir wert. Es folgte die Wanderung zur nächsten Haltestelle…
… die Busfahrt…
…die Überfahrt mit dem Schiff…

… und dann war ich endlich, endlich, endlich endlich angekommen!
In Reine. Naja, noch nicht ganz angekommen. So richtig angekommen würde ich erst sein, wenn ich auf dem Gipfel des vor mir liegenden Berges bin. Die extremste Erfahrung meines Lebens ragte direkt so unwirklich echt in der Spiegelung meiner leuchtenden Augen in den Himmel… (Hier gibst die Vorschau!)
Liebe Grüße,
Jim Kopf







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